Als ein großer Auftrag die Fertigungskapazitäten herausfordert, entscheidet sich BAM für die Automatisierung eines Dreh-/Fräszentrums mittels einer Roboterzelle. Doch statt fertige Automatisierungstechnik vom Markt zu kaufen, nimmt der kreative Lohnfertiger dank internen Know-hows als Maschinenbauer und Automatisierungstechniker das Thema selbst in die Hand. Mit Erfolg. Jetzt bietet BAM die Automatisierung von Werkzeugmaschinen auch für andere Lohnfertiger an. 

Das Dreh-/Fräszentrum Stama MT 733 two plus bietet alle notwendigen Features für eine schnelle und hochwertige CNC-Bearbeitung der bei BAM beauftragten Bauteile. Der hohen Bearbeitungsqualität sollte natürlich auch das sichere Handling der Fertigungsteile in nichts nachstehen. „Darum haben wir uns recht schnell für eine Automatisierung der Anlage entschieden“, sagt Maschinenbauingenieur Jakob Schwab. Bildquelle: Shamika Löchel / BAM.
Das Dreh-/Fräszentrum Stama MT 733 two plus bietet alle notwendigen Features für eine schnelle und hochwertige CNC-Bearbeitung der bei BAM beauftragten Bauteile. Der hohen Bearbeitungsqualität sollte natürlich auch das sichere Handling der Fertigungsteile in nichts nachstehen. „Darum haben wir uns recht schnell für eine Automatisierung der Anlage entschieden“, sagt Maschinenbauingenieur Jakob Schwab. Bildquelle: Shamika Löchel / BAM.

Ein Gerätekopf für einen Kunden aus dem Apparatebau, in großer Stückzahl, ausgelegt auf einen langen Zeitraum – ein spannender Auftrag für den Lohnfertiger BAM aus Weiden in der Oberpfalz. Das gezielt für diesen Auftrag neu angeschaffte Dreh-/Fräszentrum Stama MT 733 two plus bietet alle notwendigen Features für eine schnelle und hochwertige CNC-Bearbeitung der beauftragten Bauteile. Der hohen Bearbeitungsqualität sollte natürlich auch das sichere Handling der Fertigungsteile in nichts nachstehen. Angesichts der hohen Investition für die neue Maschine war BAM zudem daran interessiert, mit effizienten Prozessen die Rentabilität des Auftrags zu steigern. 

BAM setzt in der Lohnfertigung auf einen hochmodernden Maschinenpark. Eine Übersicht dazu findet ihr auf der Website der BAM GmbH

Bestückung der Maschine mit Roboter 

„Aus diesen Gründen haben wir uns recht schnell für eine Automatisierung der Anlage entschieden“, erklärt Maschinenbauingenieur Jakob Schwab. Dank der eigenen Abteilung für Automatisierungstechnik und Maschinenbau konnte die Umsetzung des Automatisierungsprojekts unmittelbar nach Anlieferung der Maschine in Angriff genommen werden. Planungen, Konstruktionen, Fertigungs- und Montageaufgaben waren da bereits erfolgreich abgeschlossen.  

Über ein automatisches Schubladensystem werden die Bauteile kontinuierlich der Zelle zugeführt. Nach Ablauf kann ein Mitarbeiter die KLTs samt fertig bearbeiteter Bauteile entnehmen und neue Träger mit Rohteilen ins System einbringen. Bildquelle: Shamika Löchel / BAM.
Über ein automatisches Schubladensystem werden die Bauteile kontinuierlich der Zelle zugeführt. Nach Ablauf kann ein Mitarbeiter die KLTs samt fertig bearbeiteter Bauteile entnehmen und neue Träger mit Rohteilen ins System einbringen. Bildquelle: Shamika Löchel / BAM.
Bauteile so schonend und effizient wie möglich bewegen 

Die Aufgabe für den zum damaligen Zeitpunkt 24-jährigen Jakob Schwab und seinen 26-jährigen Kollegen Philipp Mayer, der den Konstruktionspart innehatte, war, eine kontinuierliche Zu- und Abführung der Bauteile zum Dreh-/Fräszentrum zu gewährleisten und die Bauteile dabei so schonend und effizient wie möglich zu bewegen. Konkret werden die Geräteköpfe, die auf einem vom Vorlieferanten bestückten Kleinladungsträger (KLT) transportiert werden, vom Roboter aus dem Träger gegriffen und auf eine Übergabestation gesetzt, von wo das maschinenseitig bereits vorhandene Handlingsystem der Stama die Bauteile übernimmt. 

Stefan Bauer und Josef Wittmann sind Fertigungsleiter bei BAM – und haben klare Vorstellungen. In diesem Blog-Post im BAURAUM erklären sie ihre „Sieben Thesen zur modernen Lohnfertigung.  

Automatisierungstechnik-Lösung maximal flexibel 

Um flexibel und rentabel zu sein, sollte die Lösung zudem zukunftsorientiert für unterschiedliche, heute noch unbekannte Bauteile ausgerichtet werden. „Das war die anspruchsvollste, aber auch interessanteste Herausforderung im Projekt“, berichtet Schwab. „Einen Roboter für ein bestimmtes Bauteil auszulegen, beziehungsweise zu optimieren, ist leicht.“ Doch die große Range an verschiedenen Bauteilen, die die Stama abdecken kann, soll auch mit der Roboterzelle zukünftig zu handeln sein. „Wir haben uns daher viele Gedanken darüber gemacht, wie wir die Lösung so flexibel wie möglich aufbauen können.“  

Die automatisierte Fertigung ist ein zentraler Erfolgsfaktor für Lohnfertiger. Bildquelle: Shamika Löchel / BAM.
Die automatisierte Fertigung ist ein zentraler Erfolgsfaktor für Lohnfertiger. Bildquelle: Shamika Löchel / BAM.
Reinigungsstation in Roboterzelle integriert 

Neben der geforderten Flexibilität, für verschiedenste Bauteile funktionieren zu müssen, waren das festgelegte Fassungsvermögen von gleichzeitig 150 Teilen sowie die Reinigung der Bauteile von Spänen und Kühlschmiermittel weitere Herausforderungen. „Die Teile werden bereits innerhalb des Dreh-/Fräszentrums mit einem kleinen Ventilator grob gereinigt. Wir haben in die Roboterzelle eine zusätzliche Reinigungsstation integriert, in der wir das Bauteil von zwei Seiten mit Zylindern abdichten und mit Druckluft sauber spülen. So bekommen wir alle Bohrungen des Bauteils perfekt gereinigt“, erklärt Schwab. Für zukünftige Bauteile wurden bereits Vorkehrungen integriert, die je nach Anwendungsfall ohne großen Aufwand eingesetzt werden können. 

Komplettes Know-how im Betrieb 

Bei der Lösungsfindung und Umsetzung kam die besondere Aufstellung der BAM GmbH als Lohnfertiger und Maschinenbauunternehmen positiv zum Tragen. „Warum soll man etwas teuer auf dem Markt kaufen, wenn man das komplette Know-how im eigenen Betrieb hat und vorhandene Ressourcen und Kapazitäten nutzen kann?“, meint Schwab. Der Vorteil sei vor allem die Flexibilität und die schnelle Reaktionsfähigkeit bei auftretenden Störungen oder notwendigen Anpassungen der Installation.  

Das festgelegte Fassungsvermögen von gleichzeitig 150 Teilen sowie die Reinigung der Bauteile von Spänen und Kühlschmiermittel waren weitere Herausforderungen an die Automatisierungslösung. Daher wurde in die Roboter-Zelle eine Reinigungsstation integriert. Bildquelle: Shamika Löchel / BAM.
Das festgelegte Fassungsvermögen von gleichzeitig 150 Teilen sowie die Reinigung der Bauteile von Spänen und Kühlschmiermittel waren weitere Herausforderungen an die Automatisierungslösung. Daher wurde in die Roboter-Zelle eine Reinigungsstation integriert. Bildquelle: Shamika Löchel / BAM.
Roboter bringt Flexibilität 

Die größten Vorteile der Lösung sind der modulare Aufbau der Automationszelle und der Einsatz von Werkstückträgern. Durch die modulare Konstruktion der Bauteilaufnahmen und -abfragen sowie der Prozesskomponenten, ist ein schneller Bauteilwechsel möglich, inklusive der Anpassung der Ablaufsteuerung und des 6-Achs-Roboters. Die Werkstückträger, welche im Gesamtfertigungsprozess im Umlauf sind, auch in den vor- und nachgelagerten Prozessen, sind so ausgelegt, dass zusätzliche Sensorik beim Finden und Greifen der Bauteile entfällt. Über ein automatisches Schubladensystem werden diese kontinuierlich der Zelle zugeführt. Nach Ablauf kann ein Mitarbeiter die KLTs samt fertig bearbeiteter Bauteile entnehmen und neue Träger mit Rohteilen ins System einbringen.   

Fehlerhandling integriert 

Um Bedienungsfehler rechtzeitig zu erkennen und Störungen zu vermeiden, wird per Sensor eingangs geprüft, ob sich im Werkstückträger auch tatsächlich ein Rohteil und kein Fertigteil befindet. Auch das Handling von NIO-Teilen ist in der Automatisierung berücksichtigt. Bauteile, die seitens des Dreh-/Fräszentrums als fehlerhaft identifiziert wurden, werden nicht zurück in den Träger, sondern automatisch auf eine Zwischenablage gelegt, wo das Teil werkerseitig manuell geprüft werden kann. Integriert ist zudem eine separate Ablage für Zwischenprüfungen während des laufenden Betriebs durch das Team der Qualitätssicherung. Die Teile können per Knopfdruck in die QS-Ablage zur Prüfung ausgeschleust werden. 

Auch Maschinenhersteller beeindruckt 

Drei Monate vergingen vom ersten Austausch zwischen Fertigungs- und Maschinenbauabteilung bis zur ersten Konstruktionsfreigabe. Die Inbetriebnahme erfolgte dann sechs Monate später. Mittlerweile herrscht Begeisterung in der BAM-Fertigung über die Automatisierungslösung der Kollegen aus dem Maschinenbau. 

„Die Performance wurde enorm gesteigert, außerdem haben wir jetzt auch Geisterschichten. Ohne Automatisierung wäre diese Vollauslastung der Maschine nicht möglich“

, berichtet Schwab.

Und dass sich das Ergebnis sehen lassen kann, zeigt sich auch in der beeindruckten Reaktion von Maschinenhersteller Stama. „Aufgrund der durchweg positiven Reaktionen auf die Lösung, haben wir entschieden, dass wir sie auch für andere Fertigungsbetriebe anbieten werden“, so Schwab. 

Nächstes Fertigungsteil bereits beauftragt 

Und auch der BAM-Kunde aus dem Apparatebau, für dessen Bauteil die Lösung initial realisiert wurde, ist mit der Performance und dem Bearbeitungsergebnis hochzufrieden. Das nächste Bauteil ist bereits beauftragt. Dank der flexiblen Lösung halten sich die notwendigen Anpassungen an der Roboterzelle in Grenzen. 

Über das Projektteam

Jakob Schwab, BAM GmbH, war Teil des Projektteams bei der Automatisierung.

Jakob Schwab (26) verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Entwicklung innovativer Maschinen, Systeme und Dienstleistungen. Nach dem dualen Studium im Bereich Industriemechaniker / Maschinenbauingenieur (B.Eng) arbeitet Jakob Schwab bei BAM als Ingenieur in der Automatisierungstechnik und war bereits in vielen erfolgreichen Entwicklungs- und Forschungsprojekten beteiligt. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Kalkulation und Inbetriebnahme. Vor allem seine interdisziplinären Erfahrungen (Konstruktion, Kalkulation, Machbarkeitsanalysen, Engineering und Programmierung) boten im Projekt einen Mehrwert.

Philipp Mayer, BAM GmbH, war Teil des Projektteams bei der Automatisierung.

Philipp Mayer (28) ist nach einer Ausbildung zum Technischen Zeichner im Bereich Maschinen- und Anlagentechnik sowie einem Maschinenbau-Studium (B.Eng.) bei BAM als Ingenieur in der Automatisierungstechnik tätig. Sein Verantwortungsbereich umfasst die Erstellung von Konstruktionen für verschiedene Sondermaschinenbauprojekte inklusive fertigungsgerechter Konstruktionsberatung und Komponentenentwicklung.